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Ça passe ou ça casse? (source: Tageblatt Wiebke Trapp)

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LUXEMBURG AIR RESCUE Präsident Rene Closter ? ein Porträt

Seit 27 Jahren gibt es die Air Rescue Luxembourg. Das mittelständische Unternehmen ist ein internationaler Player im Bereich der Luftrettung. Diese Entwicklung war so nicht abzusehen und ist nicht selbstverständlich. Meistens sind Erfolgsgeschichten dieser Art dem Engagement Einzelner zu verdanken, die mit der Autorität ihrer ganzen Person dahinterstehen. Ein Porträt des Mitbegründers und langjährigen CEOs, Rene Closter.

Rene Closter ist ein Mann der klaren Worte und klaren Haltungen. In der dunkelblauen Uniform mit dem runden Emblem der Air Rescue auf dem Rücken fühlt er sich wohler als im Anzug. Small-Talk, Häppchen und Empfänge sind seine Sache nicht. Er ist am liebsten dort, wo es brennt. Anpacken, zupacken, etwas initiieren, schnelle Entscheidungen treffen, das ist seine Welt. Er hat wahrscheinlich mehr Schicksalsschläge miterlebt, als manch anderer und hunderte von Todesnachrichten überbringen müssen. Über die Bedeutung von ?Herzliches Beileid? hat er sich seine Gedanken gemacht. Auch das ist nicht seine Welt. Er fühlt mit den Hinterbliebenen, spricht sie an, ist bei ihnen. Trotzdem ist ihm das Rampenlicht, das auf ihn fällt, wenn es um die ?Air Rescue? geht, eher unangenehm. ?Ich bin nicht die Air Rescue?, ist ein Satz, der oft fällt. Das stimmt und auch wieder nicht. Genauso wenig, wie der Erfolg der Luftrettung in Luxemburg abzusehen war, war es zunächst für ihn absehbar, dass er dafür jemals an vorderster Front würde kämpfen wollen.

Die Weichen werden in einer Zeit gestellt, als es im Land keinen Helikopter gibt. Medizinische Soforthilfe oder Rettung aus der Luft, um die Opfer innerhalb kürzester Zeit zu versorgen, ist unbekannt. Closter wächst im Ösling auf. ?Wir waren Selbstversorger?, sagt der Ulflinger, dessen Vater nach dem Krieg vor dem Nichts steht. Der Besuch eines Gymnasiums, undenkbar. Der Vater arrangiert eine Ausbildung zum Elektriker im Betrieb seines Heimatdorfes. Damals völlig normal. Es wird genommen, was es gibt, ohne Diskussionen. Der älteste von drei Geschwistern fügt sich und beschließt nach ein paar Berufsjahren, etwas anderes machen zu wollen. 1973 wechselt er zur Berufsfeuerwehr in der Stadt und spezialisiert sich auf das Rettungswesen. ?Ankommen, aufladen, abliefern?, so beschreibt er die drei Basics des Arbeitsalltags dieser Zeit. Nicht nur mangels Notarztsystem gibt es jährlich viel mehr Tote auf den Straßen als heute. Heutzutage so selbstverständliche Standards wie Airbags, Knautschzone oder Sicherheitsglas in der Windschutzscheibe sind damals unbekannt. ?Wir reden heute von 30 Toten pro Jahr, damals waren es 128?, sagt er und erinnert sich an ?schreckliche Verletzungen?. Mit Kollegen der Berufsfeuerwehr macht er in Brüssel eine Ausbildung zum Rettungsassistenten. Engagierte Ärzte kommen hinzu, das Notarztsystem in Luxemburg wird auf den Weg gebracht. Es findet später Eingang in nationales Recht. Die ?Kiischt op de Kuch? aber fehlt noch: ein eigener Helikopter. ?Wir mussten bei Bedarf damals einen aus dem Ausland leihen?, sagt er, ?das war immer schwierig?. Es kommt zur Gründung der Air Rescue ? mit deutscher Hilfe und seiner persönlichen Risikobereitschaft. Auch in Deutschland ist die Rettung aus der Luft Privatleuten zu verdanken. Die Eltern von Björn Steiger gründen über die gleichnamige Stiftung Anfang der siebziger Jahre die ?Deutsche Rettungsflugwacht?, nachdem sie ihren Sohn bei einem Autounfall verlieren. Die daraus hervorgegangene DRF Luftrettung ist heute nach der ADAC Luftrettung der größte nichtkommerzielle Luftrettungsdienst.

Closter, damals Staatsbeamter, übersteht eine Petition von Ärzten gegen ihn und verschuldet sich persönlich. Den ersten Helikopter samt Pilot und Mechaniker leiht er bei den deutschen Kollegen und finanziert ihn über eine Hypothek auf sein Haus. Das Geschäft wird per Handschlag besiegelt. Entscheidungen von dieser Tragweite trifft er beim Joggen. ?Dann habe ich den Kopf frei?, sagt er, ?und mein Bauchgefühl stellt sich ein?. Standvermögen und den ?Eislecker? Sturkopf, wie er selbst sagt, wird er noch brauchen. Die Air Rescue ist damals klein, arbeitet mit zwei Beschäftigten und vielen Freiwilligen.

Closters Wege führen derweil über ein Sicherheits- und Brandschutzaudit in die Finanzbranche. Sicherer Staatsdienst oder Wirtschaft?, er entscheidet sich innerhalb von 24 Stunden für Letzteres. Für die Cedel International, dem Vorgänger von Clearstream geht er ab 1989 für mehrere Jahre ins Ausland, um den Aufbau neuer Niederlassungen zu begleiten. Dubai, London, Hongkong, New York sind die Stationen. Als Direktor hat er rund hundert Mitarbeiter unter sich. Es soll nicht dabei bleiben. Sieben Jahre später muss er sich wieder entscheiden. Das Überleben der Air Rescue steht auf dem Spiel, die asbl braucht einen ?Kopf?. 1996 sagt er zu, bedingt sich eine Übergangszeit aus für eine ?saubere? Nachfolgeregelung und baut seine ursprüngliche Idee weiter aus. Heute hat das Unternehmen über 150 Mitarbeiter, fünf eigene Ambulanzjets, ebenso viele Helikopter und einen Jahresumsatz von rund 30 Millionen Euro. Das sind die Zahlen, an denen Unternehmen gewöhnlich gemessen werden. Für den ?Chef? ist etwas ganz anderes viel wichtiger, die hohe Verankerung in der Bevölkerung, die vielen Mitglieder. Das hat er erkämpft.

Mehr als einmal wird versucht, ihn auszubremsen. ?Ein Helikopter in Luxemburg?,Nur über meine Leiche!?, diese Sätze hört er öfter, als ihm lieb ist. ?Ça passe ou ça casse?, es wird zu seinem beruflichen Überlebensmotto. Er setzt die Integration der Air Rescue in den Rettungsdienst (Samu) durch und eine Start- und Landestation in Ettelbrück. Neben der Luftrettung kommen im Laufe der Jahre andere Geschäftsfelder wie europaweite Organtransporte hinzu. Beim Thema ?professionelle Verhinderer? kann er immer noch richtig wütend werden. Genauso wie beim Thema Europa. Die Air Rescue arbeitet gut mit den beiden Bundesländern Rheinland-Pfalz und Saarland zusammen. Hinter dem ?Europa im Kleinen? steht er mit seiner ganzen Person und lebt es. Auf französischer Seite wird das nicht so gesehen. Aktuelle Beispiele belegen dies. Dort überlebt vor wenigen Wochen ein Waldarbeiter einen Arbeitsunfall nicht, der sich 500 Meter hinter der Grenze ereignet. Statt der Air Rescue wurde erst Stunden später ein Helikopter aus Straßburg angefordert. Zu spät. Auf belgischer Seite fehlt das Geld zur Zusammenarbeit.

Andere Grundsätze, die ihn auszeichnen, sind Bescheidenheit und Respekt. Von ?Chefgebaren? oder Extrawürsten qua seiner Position hält er nichts. Die ?Fliegerei?, wie er sagt, ist Teil seines Jobs, keine Faszination oder Leidenschaft und schon gar keine Angeberei. ?Wenn ich Mitarbeiter managen will, muss ich über ihre Arbeit Bescheid wissen.? Er weiß es, weil er sich ganz offensichtlich dafür interessiert und vermutlich klappt es deshalb so gut.